Welcher Wein zum Essen?


Der richtige Wein zum Essen

von Alex. Schilling / www.derweinblog.de

 

Über Wein zu schreiben ist ab und an recht schwer. Besonders dann, wenn man über Regeln und Empfehlungen spricht. Letztlich erteilt man damit Vorgaben. Will man das denn überhaupt?

 

Anweisungen sollte es in Genussfragen doch eigentlich gar nicht geben, denn am Ende muss einem selbst der Wein schmecken, nicht dem Kritiker; letztlich soll der Weintrinker seinen Spaß haben und nicht vom Geflüster hinter seiner Schulter ein schlechtes Gewissen bekommen. Erlaubt ist, was Spaß macht!

 

Eine Flasche Wein mit Korkenzieher

 

Das ewige Problem der Bevormundung

 

Als Weinblogger kann ich also nur über meine eigenen Erfahrungen berichten, an Dingen teilhaben lassen, die mir persönlich Spaß gemacht haben. Gerne kann man diese Berichte dann als Anregung sehen. Mehr sollte ein Kritiker - falls er sich heutzutage überhaupt noch so nennt - mit dem Wissen um die eigene Fehlbarkeit nicht verlangen.
Wenn in einem selbst also auch nur die leise Ahnung reift, es eben genau so nicht machen zu wollen, ist es nur richtig, es dann auch nicht zu tun. Es geht schließlich nicht um das Bedienen von technischen Maschinen, sondern um so etwas scheinbar Banales wie Unterhaltung. Und hier gilt die uralte Phrase: über Geschmack lässt sich nicht streiten.

 

Wer mit Wem?

 

Heute möchte ich in einem kleinen Erfahrungsbericht Anregungen für die Weinauswahl zum Essen geben. Das Frohe Fest naht, der Weinmarkt scharrt schon seit etwa einem Monat merklich mit den Füßen, aber auch der sonntägliche Braten bei Oma und selbst die Spaghetti in Tomatensauce sind weinaffine Gerichte.
Das erinnert mich an eine Diskussion auf facebook im letzten Jahr. Da wurde tatsächlich nach dem richtigen Wein zur Currywurst gefragt… ja, warum denn eigentlich nicht? Gut, von manchen Schreibern wurde sogleich der Untergang des (kulinarischen) Abendlandes eingeläutet, andere waren hellauf begeistert. Die Antwort? Es könnte ein halbtrockener Riesling von der Mosel sein, ein Chianti Classico aus Italien vermutlich eher nicht.
Zucker und Schärfe vertragen sich äußerst gut miteinander, der Chianti hingegen ist trocken, die Tannine werden auch mehr im Weg stehen, als dazu passen.

Oftmals wird in einschlägigen Weinführern die regionale Verwandtschaft von Essen und Wein, neudeutsch Food Pairing, als erstrebenswert angepriesen. Da ist durchaus was dran, wobei es Schweinebraten aber z.B. eben nicht nur in Bayern, sondern auch in vielen anderen Gegenden Deutschlands gibt. Das erweitert den Kreis der möglichen Weine enorm. Ein weites Feld für Entdecker!

 

Der sensorische Weg

 

Letztlich reden wir über Geschmack, also erscheint mir zumindest hilfreich, über diesen Weg die passende Kombination zu suchen.
Das setzt allerdings Kenntnisse vom Essen und des Weines voraus. Auch der Säuregehalt eines Weines ist ausschlaggebend, dieser aber nicht immer eindeutig zu ermitteln.
Und hier bitte Vorsicht vor einem allgemeinen Trugschluss: Ein halbtrockener, oder gar lieblicher Wein hat nicht zwingend weniger Säure, als ein trockener. Im Gegenteil, je süßer der Wein ist, desto höher ist meist der Säuregrad! Auch wenn das wegen des höheren Zuckergehaltes nicht wahrgenommen wird.

 

Bezüglich der Aromen kann man zweierlei verfahren. Entweder man sucht nach sensorischen Analogien, oder schafft bewusste Gegensätze.

 

Einem ungarischen Gulasch mit viel Paprika einen leichten Lemberger aus dem Badischen gegenüber zu stellen - auch wenn er im Barrique war - wäre gemein. Der Lemberger kann hier nur verlieren, auch fehlt der regionale Kontext. Stellt man dem Gulasch aber einen italienischen Cabernet Sauvignon gegenüber, der durchaus mal gemüsige Noten wie eben Paprika zeigen kann, sieht die Sache anders aus. Der regionale Kontext fehlt zwar immer noch, aber die Kombination funktioniert für viele Gaumen wegen der vergleichbaren Aromen vorzüglich.

 

Die gern gestellte Frage zur Spargelzeit, welchen Wein dazu? Je nach Zubereitung sicher berechtigt, wobei die Antwort mir da leicht fällt. Verfolgt man aber die alljährlichen Diskussionen in der Weinwelt, bleibt letztlich auch hier nur der Rat, es selbst zu probieren. Wobei Rotwein dann doch gänzlich raus fällt.
Persönlich ertränke ich meinen Spargel ungern in Sauce Hollandaise, ein paar Salzkartoffeln, Butter drüber und fertig. Dennoch stelle ich mir für beide recht fetthaltigen Kombinationen meist einen Weissburgunder auf den Tisch. Hier aber keinen der frisch fruchtigen Fraktion, sondern lieber einen aus dem Barrique und während der Bereitung einer Batonage unterzogen. Bedeutet letztlich, dass der Wein im Fass immer wieder aufgerührt wurde, dadurch wir er dichter und komplexer, was auch mal als cremiger bezeichnet wird. Das Gleiche ginge auch mit Chardonnay, auch dieser wird in Frankreich gerne so behandelt. Findet man nicht im Supermarkt, da ist der Fachhandel gefragt!

 

Wer den aromatischen Gegensatz probieren möchte, muss mit Bruchlandungen umgehen können! Wobei hier die Regionalität wieder versucht werden kann.

 

Wieder in Baden, einen kapitalen Hirsch geschossen und nun zubereitet. Hirsch hat einen recht eigenen Geschmack. Wer diesen mag assoziiert ihn vielleicht mit Erde, Waldboden usw., andere empfinden diesen auch schon mal als muffig…

 

Wein und Essen

 

Wem die nicht ganz einfache Zubereitung gelingt, kann versuchen, den erdigen Aromen mit fruchtigem deutschem Spätburgunder als Gegensatz zu begegnen.
Anstatt der beliebten Preiselbeeren könnte man auch einen roten Schilfwein (Strohwein) versuchen. Die pure Avantgarde mit über 200g/l Zucker. Wem das dann nicht schmeckt, erlebt auch finanziell einen harten Aufschlag… Es wird aber schmecken!

 

Am Ende muss man einfach probieren un d sich auch frei von Konventionen machen. So stimmt es z.B. auch nicht, dass zum fisch grundsätzlich kein Rotwein getrunken werden darf. Wie schon einleitend geschrieben, Verbote sind indiskutabel. Die Frage auch von der Art des Wasserbewohners und dessen Zubereitung abhängig. Ein gegrillter Thunfisch oder Lachs kann durchaus mit leichteren Pinot Noirs wunderbar harmonieren. Persönlich würde ich bei Meeresfrüchten dann auch immer versuchen, einen Rosée mit einzubeziehen.

Angenehme Weinreisen wünscht Alex. Schilling / derWeinblog.de